Bild: Landtag NRW

Rodion Bakum zum Antrag „Übersterblichkeit ernst nehmen, Gefahren für die Gesundheit erkennen und bekämpfen“ der AfD-Fraktion

Rede im Landtag am 8. Dezember 2022

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich muss schon sagen, ich bin echt verblüfft, denn dieser Antrag widerlegt nach 163 Jahren Darwins Evolutionstheorie. Dummheit stirbt offensichtlich nicht aus.

Als Mediziner lernen wir, sorgsam vorzugehen. Herr Vincentz, eigentlich müssten Sie das wissen, aber Sie sind ja schon ein bisschen länger aus dem Beruf raus. Das schadet offensichtlich Ihrer Fachlichkeit.

In Ruhe sichten, untersuchen, Differenzialdiagnosen diskutieren und ausschließen, Diagnose festlegen, Therapie beginnen, überwachen und womöglich auch noch anpassen.

(Dr. Martin Vincentz [AfD]: Sie haben einen Eid geleistet, Herr Bakum!)

Sie, Herr Vincentz kommen nur bis zur Differenzialdiagnose. Sie picken sich Sätze aus den Artikeln, die Sie nehmen, heraus, um die Menschen zu verunsichern und ins Grübeln zu bringen. Aber eine anständige Diagnose und eine Therapie bieten Sie nicht an. Dann können wir auch gleich Dr. Google fragen.

Ehrlich! Medizinisch anständig wäre es, darauf hinzuweisen, dass das Statistische Bundesamt – die Todesursachenstatistiken laufen ja über IT.NRW – die endgültigen Todesursachen bewertet, aber leider – das haben wir gerade schon gehört – meist erst etwa mit einem Jahr Verzögerung, aber dann wissen wir es. Das wissen Sie auch.

Das Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung und das Max-Planck-Institut für demografische Forschung – das sind nur zwei Beispiele aus Ihren eigenen Quellen – sind laufend dabei, die Sterblichkeit und aktuell die Übersterblichkeit intensiv zu erforschen.

Es gab immer auch periodische Schwankungen. ein trauriger Höhepunkt war beispielsweise die Grippewelle 2017/2018, die vor dem statistischen Zeitpunkt lag, den Sie hier nennen.

Die Frage ist doch nicht, welche Ursachen es gibt, sondern wie die einzelnen Ursachen zur Sterblichkeit beitragen. Aber die wesentlichen Gesundheitsgefahren sind ja bekannt und können therapiert werden: Keime, Klima und Katastrophen.

Schade, dass Sie nicht zuhören, Herr Vincentz. Das könnte für Ihre Kurzintervention nachher spannend werden.

Sie haben das Problem, Herr Vincentz, dass Sie die Coronapandemie immer kleinreden wollen, leugnen aber auch alle anderen möglichen Ursachen für die Übersterblichkeit. Sie wirbeln jedes Mal Staub auf und rufen dann: Ich sehe nichts, ich sehe nichts!

Ihre Quellen sagen aber auch deutlich: Je höher die Impfquoten, desto geringer der Verlust der Lebenserwartung. Danke für den Hinweis. Wir haben gerade gehört, Mitglieder Ihrer eigenen Partei behaupteten das Gegenteil.

Klar ist: Differenzialdiagnosen sind bekannt, die Therapien dafür auch. Lassen Sie uns daher, liebe Kolleginnen und Kollegen, unsere seelische Gesundheit nicht von der AfD kaputtmachen. Nach der Überweisung in den Gesundheitsausschuss lehnen wir dort den Antrag ab. – Bleiben Sie gesund!